Antragsidee / kein Antrag zur BV2021: BdP als Politischer Akteur

Die Bundesversammlung möge beschließen:

Der BdP soll sich aktiv dahingehend bemühen, dass die Unterscheidung zwischen „politischer Neutralität“ und „parteipolitischer Unabhängigkeit“ breit thematisiert wird, um die bei vielen Mitgliedern bestehende Verunsicherung auszuräumen. Der Bund verpflichtet sich, die Kurse auf Bundesebene (aktuell: den Gilwell-Kurs) um einen entsprechenden Bestandteil zu erweitern. Dieser Bestandteil kann eine ganze Einheit umfassen, oder auch in andere Einheiten integriert werden. Außerdem sollen Arbeitsmaterialien (Gruppenstunden, sonstige Aktionen etc.) für die Arbeit auf allen Ebenen des BdPs bereitgestellt werden. Hierfür setzt der Bundesvorstand eine temporäre Arbeitsgruppe mit dem Auftrag ein, diese Bestandteile auszuarbeiten. Die Arbeitsgruppe bezieht die jeweils Verantwortlichen (bswp.: Gilwell-Teamleitung, Stufenbeauftragte etc.) in ihre Arbeit ein. Die Mitarbeit in der Arbeitsgruppe wird nach der Bundesversammlung 2021 ausgeschrieben.

Daneben werden die Landesverbände aufgerufen, entsprechende Einheiten (bzw. Einheitsbestandteile) zu einem festen Bestandteil der Ausbildungskurse zu machen, sodass das Thema auch dort regelmäßig behandelt wird, soweit dies nicht ohnehin schon geschieht.

So soll ein gemeinsames Verständnis vom BdP als politischer Akteur auf allen Ebenen gefördert werden.

Antragstellenden

AK Politische Bildung, AK Flucht & Asyl

Begründung

Ziel dieses Antrages ist nicht, die Ausrichtung der politischen Arbeit des BdPs zu verändern oder Letztere zu verstärken. Der Antrag bezweckt nur die verstärkte Auseinandersetzung mit den Grundlagen der jetzt ohnehin schon stattfindenden politischen Arbeit des BdPs.

Die pädagogische Konzeption des BdPs enthält die Passage „Demokratie lebt vom Mitmachen. Wir wollen sie als Prinzip stärken, indem wir sie in unserer eigenen Arbeit verwirklichen. Dabei sind wir parteipolitisch unab­hängig, betreiben aber politische Bildung und fördern das politische Engagement unserer Mitglieder.“
Diese genaue Formulierung ist vielen unserer Mitglieder nicht bekannt und wenn doch, herrscht leider oftmals Unklarheit darüber, was genau die Passage bedeuten soll. Dies führt bei vielen zu Verunsicherung und in der Folge dazu, dass unsere Mitglieder nicht auf die Weise aktiv und engagiert sein können, wie sie es vielleicht gerne wären. Dieses Ergebnis ist im hohen Maße unbefriedigend. Die Pfadfinderei, insbesondere der Ansatz des BdPs, der gerade mit dem Jugend führt Jugend-Prinzip Selbstständigkeit und Engagement fördern möchte, soll Kinder und Jugendliche befähigen, sich mit ihren Meinungen und Visionen in die Gestaltung unserer Gesellschaft einzubringen. Sie soll nicht dazu führen, dass unsere Mitglieder Sorge haben, sich falsch zu verhalten, wenn sie für das einstehen, was sie glauben und für richtig halten.

Der Grund für diese Verunsicherung liegt in der Annahme, der BdP müsse „politisch neutral“ sein. Klar ist aber: der Begriff der „politischen Neutralität“ ist in der pädagogischen Konzeption und auch in anderen Dokumenten des BdPs nicht enthalten und das aus gutem Grund. Der BdP ist ein Jugendverband und damit sind wir, um unsere Arbeit fortführen zu können, auf bestimmte Rahmenbedingungen angewiesen. So brauchen wir Stammesheime, Finanzierung für unsere Lager und Fahrten, Schulsysteme, die unseren Mitgliedern genug Freizeit bieten, damit sie an unseren Gruppenstunden teilnehmen können und sich engagieren wollen. Hierfür muss sich der BdP politisch engagieren, d.h. auf die Bedürfnisse des BdPs als Jugendverband aufmerksam machen und sich aktiv gegen politische Haltungen positionieren, die versuchen, diese Grundlagen zu beschädigen. Selbstverständlich engagieren wir uns in den Jugendringen, sei es auf Kreis-, Landes- oder auch auf Bundesebene. Dort setzen wir uns für bestimmte Forderungen ein, damit Jugendarbeit funktionieren kann. Der BdP ist also offenkundig ein politischer Akteur.

Daneben steht fest, dass der BdP ein Jugendverband ist, der seine Arbeit auf bestimmte Werte, nämlich die Pfadfinder*innenregeln stützt. Hiervon ausgehend lassen sich vielleicht oftmals keine zwingenden konkreten politischen Haltungen ableiten, aber sie führen zur zwingenden Ablehnung bestimmter politischen Haltungen. Hierzu müssen fraglos menschenverachtende oder demokratiefeindliche Tendenzen gezählt werden. Auch hier bezieht der BdP bereits vereinzelt offiziell Stellung, oftmals über seine Dachorganisation, den rdp. Auch hier ist der BdP ein politischer Akteur.

Beide Elemente, also sowohl die inhaltliche Ausrichtung an den Pfadfinder*innenregeln als auch das Bedürfnis, weiterhin Jugendarbeit betreiben zu können, führen nicht zur Deckungsgleichheit mit einer oder mehreren Parteien. Sie kann aber dazu führen, dass die Haltung einer oder mehrerer Parteien klar und deutlich abzulehnen ist oder auch, dass einzelne konkrete Forderungen bestimmter Parteien klar und deutlich zu unterstützen sind.

Hier zeigt sich, wie schwer das oben beschriebene Missverständnis wiegt: Die Annahme, der BdP müsse politisch neutral sein, hätte zur Folge, dass der BdP sich nicht zur Haltung einzelner Parteien äußern dürfte und zwar auch dann, wenn eine Partei beispielsweise alle Fördermittel für unsere Jugendarbeit streichen wollen würde oder offen zur Diskriminierung unserer Mitglieder aufrufen würde. Sie würde auch bedeuten, dass sich der BdP weder zustimmend noch ablehnend zu Äußerungen oder Programmpunkten einzelner Parteien positionieren dürfte, auch wenn diese inhaltlich mit den Wertevorstellungen der Pfadfinderei offensichtlich übereinstimmen oder ihnen gerade offensichtlich entgegenstehen.

Parteipolitische Unabhängigkeit - also die Formulierung, wie man sie unserer pädagogischen Konzeption findet - bedeutet hingegen etwas anderes. Gemeint ist, dass der BdP keine Jugendorganisation einer bestimmten Partei ist. Wir bilden unsere Mitglieder nicht in eine bestimmte parteipolitische Richtung aus, wir wollen sie nicht zu Anhängerinnen bestimmter Parteien erziehen. Wir wollen, dass sie politisch mündige Bürgerinnen werden und zwar auch schon bevor sie - soweit sie überhaupt wahlberechtigt werden können - wählen dürfen.

Dieses Ziel bewegt uns dazu, politische Bildung auf allen Ebenen zu betreiben. Es ist auch der Grund, warum wir unsere Strukturen so organisiert haben, dass unsere Mitglieder Demokratie lernen können, indem sie bei uns Demokratie leben. Vor diesem Hintergrund wollen wir einen regen Meinungsaustausch in unserem Bund anregen, wir wollen, dass sich alle bei uns wohlfühlen, unabhängig davon, ob und welcher Partei sie sich vielleicht zuordnen. Wir wollen, dass unsere Mitglieder ihre Haltung zu gesellschaftlichen Fragen in unserem geschützten Raum entwickeln und sich dann entsprechend engagieren können. Und zwar als Pfadfinderinnen. Die äußere Grenze bilden dabei nur die Pfadfinderinnenregeln.

Dass diese Unsicherheit bei vielen unserer Mitglieder besteht, ist besonders schade, weil Jugendlichen, die den berechtigten Drang verspüren, aktiver Teil der Gesellschaft zu sein, der Eindruck vermittelt wird, sie könnten dies nur außerhalb ihres Daseins als Pfadfinder*innen realisieren. Dabei schließen sich Pfadfinderei und politisches Engagement nicht gegenseitig aus. Die Pfadfinderei, der BdP im Spezifischen soll das Wahlzuhause für unsere Mitglieder sein, der Ort, an dem sie sich in ihrer Kindheit und Jugend für die Lebensbereiche und in den Lebensbereichen begeistern und ausprobieren können dürfen, in denen sie dies wünschen. Auch im Bereich des Politischen.

Um dieser Unsicherheit entgegenzutreten, wollen wir dafür sorgen, dass der Grund für die Unsicherheit möglichst umfassend aus dem Weg geschafft wird. Deshalb wollen wir dafür sorgen, dass die Unterscheidung zwischen „parteipolitischer Unabhängigkeit“ und „politischer Neutralität“ im BdP auf möglichst allen Ebenen thematisiert werden. Auf Bundesebene soll diese Unterscheidung fester inhaltlicher Bestandteile der Kurse werden, also aktuell es Gilwell-Kurses. Die Stufenbeauftragten sollen gemeinsam mit sonstigen Interessierten Materialien entwickeln, die in ihren jeweiligen Stufen eingesetzt werden können, um die genannte Unterscheidung zu behandeln. Gemeint sind also Gruppenstunden für die jeweiligen Stufen, einzelne Spiele bzw. Methoden für Gruppenstunden, gesonderte Aktionen wie etwa Postkartenaktionen etc. Schließlich wünschen wir uns, dass auch die LVs dazu beitragen, dass die Unterscheidung breit thematisiert wird, indem auch sie entsprechende Einheiten bzw. Einheitsbestandteile zu festen Elementen auf ihren Kursen machen.

Zusammenfassend möchten wir festhalten:
Der BdP ist ein politischer Akteur, weil wir uns entschlossen für gewisse Inhalte einsetzen und die Grundlagen unserer Arbeit verteidigen. Wir sind ein politischer Akteur, weil der BdP seine Mitglieder befähigen möchte, als Pfadfinder*innen aktiv an der Gestaltung der Gesellschaft teilzuhaben.

1 „Gefällt mir“

Kurzgesagt soll dieser Antrag nur aussagen, dass im Bund bekannter gemacht wird, dass wir parteipolitisch unabhängig sind, uns sehr wohl aber politisch engagieren und auch politische Themen in die tägliche Arbeit einbeziehen. Verstehe ich das richtig?

Jein, darüber hinaus sollte außerdem ein ansatzweise geteiltes Verständnis des Begriffs festgehalten werden, welches Menschen die sich (auf unterschiedlichen Ebenen) im Rahmen ihrer pfadfinderischen Arbeit gesellschaftlich/politisch einbringen eine gewisse Sicherheit geben soll.

Dass dieser Antrag, trotz eines sehr guten Diskussionsworkshops dazu, auf der konmmenden BV jetzt nicht gestellt wird, ist leider kapazitätsbedingt, da wir am Text und Inhalt, noch intentsiv und im Austausch mit unterschiedlichen Personenkreisen arbeiten wollten - dies haben wir einfach nicht geschafft.