Antrag 02: Weiteres Vorgehen Aufarbeitung

Die Bundesversammlung möge beschließen:

Die Bundesversammlung bekräftigt ihren Beschluss zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im BdP aus dem Jahr 2017. Zur Umsetzung des Vorhabens wird der Bundesbeitrag für die Jahre 2021 und 2022 um 5€ erhöht. In 2023 reduziert sich der Bundesbeitrag automatisch auf den Stand von 2020.

Antragsteller

BdP Bundesvorstand

Begründung

Aktuelle Situation :

Die Bundesversammlung 2017 hat auf Antrag des Bundesvorstands und Initiative des Arbeitskreises Aufarbeitung beschlossen,

„[…] einen wissenschaftlichen Partner zu finden, mit dem eine externe Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauchs und institutionellen Versagens seit der Gründung des BdP möglich ist. Für diese Aufarbeitung stellt der BdP entsprechende finanzielle Mittel bereit und akquiriert Fördermittel. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Aufarbeitung werden veröffentlicht. Der Arbeitskreis Aufarbeitung entwickelt in Zusammenarbeit mit dem Bundesvorstand ein Kommunikationskonzept, welches den Betroffenen und einer notwendigen Haltung (Wiedergutmachung) gerecht wird. Der BdP prüft seine Öffentlichkeitsarbeit und fügt eventuell eine Erklärung ein, die eine transparente Verantwortung gegenüber Betroffenen wahrnimmt - gegen das Verschweigen. Außerdem prüft der BdP das Andenken von Täterinnen und Tätern.“

Seitdem ist viel passiert:

Der Arbeitskreis Aufarbeitung hat zunächst eine Zielstellung des Aufarbeitungsprozesses formuliert und ein ausführliches Konzept erarbeitet. Dieses umfasst neben der Zielformulierung Grundannahmen zu sexualisierter Gewalt im BdP, eine Übersicht der geplanten Projektphasen, Forschungsfragen und eine Definition der verschiedenen Bausteine des Projekts. Diese sind die wissenschaftliche Aufarbeitung, die Anerkennung von Leid, Gesprächsangebot für Betroffene, Öffentlichkeitsarbeit, die Begleitung von Stämmen und Landesverbänden sowie Organisationsentwicklung.

Um Stämme und Landesverbände so gut es geht in den Prozess einzubinden, wurde intensiv an einem Kommunikationskonzept gearbeitet. Dies beinhaltet in der BdP-internen Kommunikation den Besuch von Landesversammlungen und des Bund-Land-Treffens, die Erstellung von FAQs für den öffentlichen meinBdP-Bereich, Gesprächsleitfäden zum Umgang mit Eltern, Mitgliedern, Presse und Betroffenen sowie die Konzipierung und Durchführung von Schulungen für verschiedene Zielgruppen (Ehrenamtliche und Hauptamtliche). Gemeinsam mit dem AK Intakt sind die vorhandenen Präventionsmaterialien gesichtet und die Aktualisierung der Broschüre zur Prävention sexualisierter Gewalt angestoßen und umgesetzt worden. Zudem wurden Texte für die pfade und die Neuen Briefe vorproduziert. Der Aspekt der Aufklärung wurde im Schutzkonzept aufgenommen, welches gemeinsam mit dem AK Intakt und dem Bundesvorstand neu strukturiert wurde. In der Strategie der Kommunikation außerhalb des BdP ist die Webseite pfadfinden.de neu strukturiert worden, so dass nun die drei Säulen „Intervention, Prävention, Aufarbeitung“ unter dem Begriff Kinderschutz für jede*n auf der obersten Ebene leicht auffindbar sind. Auch wurden Flyer erstellt, die das Projekt in knapper Form vorstellen.

Ein weiteres Arbeitsfeld ist das Fundraising, bei dem parallel mehrere Strategien gemeinsam mit dem Bundesvorstand verfolgt werden:

Es ist an öffentliche Träger wie das Bundesfamilienministerium (BMFSFJ), den Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) und das Deutsche Jugendinstitut (DJI) herangetreten und das Projekt präsentiert worden. Die sehr positiven Rückmeldungen bezogen sich leider nicht auf die Zusage einer Finanzierung, garantierten aber Empfehlungsschreiben und inhaltliche Unterstützung. Neben diesen Institutionen wurden auch Gespräche mit mehreren Bundestagsabgeordneten geführt. Ziel war eine Förderung über die politische Liste des Bundeshaushalts. Letztendlich war auch das nicht von Erfolg gekrönt.

Daneben wurden Stiftungen im Themenfeld wie Hänsel&Gretel, Hannah-Stiftung, World Childhood Foundation, Stiftung Mensch uvm. angesprochen, von denen die meisten für unser Projekt über zu wenig Mittel verfügen und somit ebenfalls absagen mussten. Bei der World Childhood Foundation ist der mehrstufige Prozess der Antragsstellung eingeleitet worden, bei der Aktion Mensch ist ein Antrag gestellt und dort wird aktuell durch die Gremien beraten. Bei der Deutschen Fernsehlotterie wird über eine Förderung im Juli entschieden. Ergänzend wurden bei mehr als 30 weiteren Stiftungen im Bereich des Kinder- und Jugendschutzes in Deutschland und der Schweiz Fördermittel beantragt. Wenige Anträge laufen noch, die meisten wurden bereits negativ beschieden. Gründe dafür wurden meist nicht genannt. Mitglieder des Arbeitskreises und Bundesvorstands haben zudem das Gespräch mit Privatpersonen, Vertreter*innen von Parteien, Verbänden und Organisationen gesucht und um Unterstützung gebeten. Daraus hat sich bisher eine Förderung der Stiftung Pfadfinden über 10.000 € ergeben.

Folgende Mittel haben wir also bisher erhalten :

o 49.000 € aus Mitteln des KJP als Anstoßfinanzierung für das Projekt, zeitlich gebunden auf das Jahr 2019

o 10.000 € von der Stiftung Pfadfinden im Jahr 2019

Szenarien für das weitere Vorgehen :

Für eine Umsetzung des Projekts haben wir einen Finanzierungsbedarf von ca. 220.000 € für die kommenden 2,5 Jahre. Die Kalkulation dazu findet sich am Ende des Dokuments. 60.000 € davon sind bereits als Eigenmittel des BdP zurückgelegt. Weitere 10.000 € der Stiftung Pfadfinden sind zugesagt.

Es kommen drei Szenarien in Betracht:

Unter allen oben genannten Optionen hält der Vorstand die Option der Umlage der Beiträge auf die Mitglieder für die am besten gangbare Möglichkeit. Dies ermöglich den finanziellen Spielraum um wie geplant mit einem externen Partner zusammen arbeiten zu können und belastet gleichzeitig den Haushalt nicht über Gebühr.

Der Vorstand ist selbstverständlich offen für weitere Vorschläge, die gerne im Rahmen des Beratungsprozesses eingebracht werden können und sollen. Wir freuen uns auf eine konstruktive Debatte.

Hallo,
hier findet ihr die Mitschrift von dem digitalen Treffen zu diesem Antrag. Allen die dabei waren, vielen Dank für eure Fragen und Anregungen.
Echolot Projektpräsentation Delegierte BV 2020 PSTZ.pdf (313,7 KB)

1. Wesentliche Argumente des Antrags:
Die Konzept- und organisatorische Phase des Projekts ist nahezu abgeschlossen, zum Weiterarbeiten fehlt die Finanzierung, die trotz vielfältiger Bemühungen im Bereich Fundraising nicht gesichert werden konnte. Es kommen verschiedene Szenarien in Betracht, von denen die Variante der Erhöhung der Mitgliedsbeiträge um 5€ zwei Jahre in Folge dem AK Aufarbeitung und dem Bundesvorstand als sinnvollster Vorschlag erscheint.

2. Welche Fragen konnten geklärt werden?
Könnten wir uns mit anderen Verbänden zusammenschließen, z.B. in Form einer vergleichenden Studie?

  • Das wäre möglich, allerdings sind alle anderen Pfadfinderverbände mindestens ein Jahr „hinter uns“ und von anderen Jugendverbänden ist keiner bekannt, der auch einen ähnlichen Prozess angeht.

Welche Auswirkungen haben die verschiedenen Szenarien auf die Mitarbeiterin?

  • Aktuell ist die Stelle bis zum 30.06.2020 finanziert. Eine Weiterbeschäftigung ist auch an den Fortgang des Projekts gekoppelt.

Die Beitragserhöhung soll für 2021/2022 gelten. Wie wird das Minus in 2020 gedeckt?

  • Schon im Jahr 2017 wurden 50.000€ für das Projekt zurückgestellt. Weitere 10.000€ werden mit dem Jahresabschluss 2019 eingestellt und stehen zur Finanzierung zur Verfügung. Siehe dazu auch die Kalkulation am Antrag.

Bedeutet dies, dass das Minus was nach Abzug von Eigenmitteln in der Tabelle steht für 2020 (48.500€) über Verschuldung finanziert wird, da das Geld ja 2021/2022 reinkommt?

  • Nein, die Kalkulation stellt die aktuelle Situation ohne Finanzierung dar. Eine Erhöhung der Beiträge würde es ermöglichen, die Eigenmittel im Jahr 2020 zu nutzen und in den Jahren 2021/22 dann auf die Beiträge zurückzugreifen.

Wie wird mit den (inflationsbedingten) turnusgemäßen Erhöhungen verfahren?

  • Wir gehen aktuell nicht davon aus, dass wir eine „allgemeine“ oder „inflationsbedingte“ Mittelerhöhung benötigen. Weiteres dazu ergibt sich aus dem Geschäftsbericht.

Kann man wirklich garantieren, dass 2022 zum Niveau von 2020 zurückgekehrt wird?

  • Nein, weil dies eine Entscheidung der Bundesversammlung ist.

Wäre es möglich, das benötigte Geld bei vermögenden Stämmen und LV s zinslos zu leihen?

  • Das ist doch einer der Vorschläge im Antrag - zumindest bei den LV (Stämme sind bisher nicht genannt)
  • Das ist durchaus möglich, wobei ich als Bundesschatzmeister natürlich nicht weiß, welche Stämme und LVs welche Summen leihen können und wie viel Geld da am Ende zur Verfügung steht.

Ist eine Art Mischfinanzierung möglich? Sowohl über eine geringe Erhöhung des Mitgliederbeitrags als auch über Kredite bei LVs/Stämmen.

  • Die ist möglich - aber der Vorstand schlägt das bewusst nicht vor.

3. Weitere Hinweise zum Antrag:
Sollte eine Umlage (Erhöhung der Mitgliedsbeiträge) beschlossen werden, müssten umfangreiche Materialien erarbeitet werden, mit denen die Stämme über die Gründe und den Hintergrund informiert werden.

Bisher war die Kommunikation nicht ausreichend. Es fehlen den Landesvorständen Informationen, wie das Vorhaben zunächst an die BV-Delegierten und später auch an die Stämme vermittelt werden kann,

Der Antrag sollte ergänzt werden um den Auftrag, die Stämme umfangreich über das Vorhaben zu informieren.

Die Vorstellung des bisher Geleisteten sollte noch deutlicher dargestellt werden. Hier sollte der Arbeitskreis nochmal die Präsentation überarbeiten.

Hier der final beschlossene Antragstext:

„Die Bundesversammlung bekräftigt ihren Beschluss zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im BdP aus dem Jahr 2017 und beauftragt den Bundesvorstand, den Auftrag zur wissenschaftlichen Aufarbeitung an das Institut für Praxisforschung und Projektberatung München zu erteilen.
Die Bundesversammlung beauftragt den Bundesvorstand, gemeinsam mit den Landesvorständen ein Finanzierungskonzept für das Vorhaben zu erarbeiten und der nächsten Bundesversammlung zur Beschlussfassung vorzulegen. Dieses Finanzierungskonzept soll sowohl Darlehen der Landesverbände als auch eine Beitragserhöhung beinhalten.
Der Bundesvorstand wird beauftragt, umfassende Materialien zum Projekt Echolot zur Information an die Stämme zu erarbeiten und diese zeitnah zur Verfügung zu stellen.“

Beschlossen mit 73 Ja-, 7 Nein-Stimmen und 6 Enthaltungen.