Hallo,
vielen Dank für die ausführlichen Antworten. Ernährung ist ein sensibles Thema, das mit persönlichen Gewohnheiten, Werten und auch Gruppendynamiken verbunden ist. Deshalb möchte ich auf einige Punkte eingehen, Widersprüche aufzeigen und für eine nachhaltige, zukunftsorientierte Lösung werben.
- Bedürfnisorientierung – für alle oder nur für einige?
Der Antrag wird mit dem Argument der Bedürfnisorientierung verteidigt. Dabei wird jedoch übersehen, dass eine vegetarische oder vegane Verpflegung ebenfalls eine Form der Bedürfnisorientierung darstellt. Eine „bedürfnisorientierte Ernährung“ sollte auch die Zukunftsperspektiven mit einbeziehen. Was wir heute essen, hat direkte Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft – hier haben wir als Pfadfinder*innen eine Verantwortung.
Ein Bedürfnis kann nicht nur durch Gewohnheit begründet sein. Nur weil man etwas gewohnt ist, heißt es nicht, dass es notwendig oder sinnvoll ist.
- Nachhaltigkeit beginnt nicht mit Verboten – aber mit Verantwortung
Ihr schreibt, Nachhaltigkeit beginne nicht mit Verboten, sondern mit Aufklärung und bewusster Auswahl. Dem stimme ich zu! Aber genau diese bewusste Auswahl bedeutet, dass wir uns aktiv für eine umweltfreundlichere Ernährung einsetzen.
Der bisherige Antrag setzt nirgendwo ein Verbot durch, es wird nur auf umweltfreundlichere Alternativen gesetzt.
Fleischproduktion ist nun einmal nachweislich ein großer Umweltfaktor (Treibhausgase, Wasserverbrauch, Flächenverbrauch). Eine Reduktion – gerade in einem klar begrenzten Rahmen wie Pfadfinderveranstaltungen – wäre eine bewusste Entscheidung für die Umwelt, ohne dass man jemandem für immer verbietet, Fleisch zu essen.
Das Argument, dass auch importierte pflanzliche Lebensmittel problematisch sind, lenkt von der eigentlichen Problematik ab. Es gibt einen wissenschaftlich belegten Konsens darüber, dass die Produktion von tierischen Lebensmitteln – selbst bei regionaler Herkunft – in fast allen Umweltfaktoren eine wesentlich schlechtere Bilanz hat als pflanzliche Lebensmittel.
Vergleich Wasserverbrauch & CO₂-Emissionen
- 1 kg Rindfleisch verursacht ca. 15.000 Liter Wasserverbrauch und zwischen 27–40 kg CO₂-Emissionen.
- 1 kg Linsen benötigt ca. 1.250 Liter Wasser und verursacht nur 0,9 kg CO₂.
- 1 kg Kartoffeln verbraucht ca. 250 Liter Wasser und verursacht 0,2 kg CO₂.
- Finanzielle Belastung und soziale Gerechtigkeit
Ihr argumentiert, dass eine Mischkost nicht zwingend teurer sein muss. Das stimmt in Einzelfällen, aber:
- Hochwertiges Fleisch ist definitiv teurer als pflanzliche Grundnahrungsmittel. Billiges Fleisch aus Massentierhaltung kann zwar kostengünstig sein, widerspricht aber unseren Werten und Grundsätzen.
- Es wird behauptet, dass viele pflanzliche Alternativen teurer seien. Das gilt für Ersatzprodukte – aber niemand zwingt dazu, auf teure Fleischersatzprodukte zurückzugreifen. Vollwertige pflanzliche Ernährung ist oft günstiger als Fleischgerichte.
- Die Kosten für Mischkost müssten von allen getragen werden, auch von denen, die sich bewusst pflanzlich ernähren möchten. Wer Fleisch möchte, kann es doch selbst mitbringen oder aus Stammeskassen finanzieren (ist nach eurer Argumentation ja auch nicht so teuer), statt es über den Landesverband für alle verpflichtend mitzufinanzieren.
- Ethische Aspekte – Wahlfreiheit endet dort, wo andere betroffen sind
Es wird oft argumentiert, dass es um Wahlfreiheit geht und niemand gezwungen werden sollte, sich vegetarisch zu ernähren. Doch die Wahl, Fleisch zu konsumieren, betrifft nicht nur den Einzelnen, sondern hat weitreichende Konsequenzen:
- Tierwohl: Massentierhaltung ist mit erheblichem Tierleid verbunden. Auch wenn Fleisch aus „guter Haltung“ gekauft wird, bleibt die Tötung der Tiere ein moralisches Dilemma.
- Umwelt: Die Fleischproduktion beansprucht 83 % der weltweiten landwirtschaftlichen Fläche, liefert aber nur 18 % der globalen Kalorienzufuhr.
- Klimawandel: Die Fleischproduktion ist für ca. 14,5 % der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich.
Die Entscheidung für eine pflanzliche Ernährung hingegen schränkt niemanden aktiv ein – es bedeutet nur, dass während eines kurzen Lagerzeitraums eine nachhaltigere Option gewählt wird.
- “Fleischesser müssen sich anpassen, Vegetarier nicht?”
Das Argument, dass Vegetarier sich genauso gut anpassen könnten wie umgekehrt, verkennt eine wichtige Unterscheidung:
Vegetarier essen kein Fleisch aus ethischen, gesundheitlichen oder ökologischen Gründen.
Fleischesser essen Fleisch aus Gewohnheit oder Geschmacksvorlieben.
Während Vegetarier durch den Verzehr von Fleisch gegen ihre Überzeugungen handeln müssten, geht es für Fleischesser lediglich um eine vorübergehende Umstellung, die keinerlei langfristige Konsequenzen hat. Zudem ist eine vegetarische Ernährung für alle möglich, eine fleischhaltige jedoch nicht für Vegetarier oder Veganer.
Fazit: Zukunftsorientierte Ernährung als Teil der Pfadfinder*innenwerte
Die Pfadfinderbewegung steht für Naturverbundenheit, Nachhaltigkeit und Verantwortung. Eine zpflanzliche Ernährung passt genau zu diesen Werten und stellt sicher, dass zukünftige Generationen eine intakte Umwelt vorfinden. Es geht nicht darum, Fleischesser zu bevormunden, sondern eine sinnvolle Lösung zu finden, die den größten Nutzen für die Gemeinschaft hat – gesundheitlich, ökologisch und finanziell.
Dieser Antrag fordert keine Wahlfreiheit, sondern eine Rückkehr zu alten Strukturen, die weniger nachhaltig, teurer und problematischer in der Umsetzung sind. Eine pflanzliche Basisverpflegung ist keine Einschränkung, sondern eine zukunftsfähige Entscheidung.
Und erneut, wenn ein Stamm nicht ohne die Salami zum Frühstück leben kann, dann kauft sie über die Stammeskasse dazu. Ihr schreibt ja selbst, das Fleisch nicht so teuer sei, da sollte das dann ja möglich sein. Und bei einem LaPfiLa lassen sich auch Absprachen treffen, dass man dann zum Beispiel nicht an der zentralen Verpflegung teilnimmt und sich selbst um das Essen kümmert.
Dennoch denke ich das wenn man sich unsere Pfadfinder*innenregeln nochmal durchliest, sehr viel eher zu dem Schluss kommt, dass eine vegetarische Ernährung besser dazu passt, als eine Ernährung mit Fleisch.
Und ich wage auch etwas zu bezweifeln wie sinnvoll diese Diskussion insgesamt ist. Wie Simon bereits schrieb: wir haben bereits zweimal sehr lange über dieses Thema auf der LDV diskutiert. Die Meinungen sind festgefahren. Wahrscheinlich würde eine sofortige Abstimmung dasselbe Ergebnis liefern wie eine Abstimmung nach zweistündiger Diskussion.