Antrag 6.4 "Bei uns willkommen"

Auf den Landesversammlungen in Niedersachsen und Hessen wurden ähnliche Anträge beschlossen. Nun werden diese Landesverbände auch einen Antrag auf der BV stellen. Wir freuen uns auf Anregungen und Kommentare!

Die Bundesversammlung möge beschließen:

Beim Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder e.V. und allen seinen Untergliederungen ist jeder Mensch willkommen. Vor allem junge Menschen mit Migrationshintergrund und solche, die sich auf der Flucht vor unter anderem Krieg, Verfolgung, Unterdrückung, Naturkatastrophen oder wirtschaftlicher Perspektivlosigkeit befinden, begrüßen wir in unseren Gruppenstunden, auf unseren Lagern und Fahrten und auf allen sonstigen Aktionen.

Wir begrüßen die große Welle der Solidarität und Unterstützung in der Gesellschaft und wollen unseren Beitrag zu Frieden und Toleranz leisten. Gleichzeitig treten wir ausländerfeindlichen Protesten und Stimmungsmache gegen Menschen, die Schutz bei uns suchen, entschieden entgegen. Als Pfadfinder*innen verurteilen wir alle rassistischen und nationalistischen Parolen scharf.

Wir dulden in unseren Reihen keine Form von Ausgrenzung, Diskriminierung und Hass gegenüber anderen Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer körperlichen oder geistigen Fähigkeiten, ihrer Hautfarbe, ihrer Religion, ihrem sozialen Status oder ihrem Aufenthaltsstatus.

Antragssteller

Marcus Lauter (LV Hessen), Lukas Kison (LV Niedersachsen)

Begründung

Es handelt sich bei diesem Antrag um einen Positionsantrag, der zwar keine unmittelbare Auswirkung auf unsere Arbeit haben muss, uns jedoch in dreifacher Hinsicht stärkt:

  1. Wir vergewissern uns unseres weltwärts gewandten Selbstverständnisses als Pfadfinderinnen und Pfadfinder in Europa, die Geflüchtete unterstützen und Diskriminierung nicht dulden.

  2. Wir ermöglichen uns allen, uns mit der Rückendeckung des ganzen ganzen BdP gegenüber Externen zu äußern (beispielsweise in Stadt- und Kreisjugendringen, im Landesjugendring, im Bundesverband oder auch gegenüber Entscheider*innen in Politik und Verwaltung sowie in der Öffentlichkeit).

  3. Wir wollen uns gegenseitig dazu ermutigen, junge Geflüchtete in unsere Arbeit aufzunehmen.

Weltweit waren im Jahr 2015 laut UNHCR mehr als 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Davon haben 20 Millionen ihr Heimatland verlassen müssen. Ein großer Teil dieser geflüchteten Menschen sind Kinder und
Jugendliche. Im vergangenen Jahr haben mehr als 1 Million Menschen auf der Flucht Deutschland erreicht, sodass hier ein Problembewusstsein entstanden ist, das nicht nur die politische Debatte dominiert.

In die gesellschaftliche Debatte fließen immer mehr auch solche Töne ein, die Menschen auf der Flucht als Bedrohung und Gefahr und Helfer*innen als Teil dieser Gefahr darstellen. Zunehmend kommt es vor, dass sich engagierte

Ehrenamtliche für ihre Unterstützung, ihre Hilfsbereitschaft und ihr Selbstverständnis rechtfertigen müssen. Unseren Mitgliedern möchten wir auf diese Weise die Unterstützung des gesamten BdP versichern und ihnen den Rücken stärken.

Die Förderung der individuellen und sozialen Entwicklung junger Menschen mit dem Ziel einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit ist die zentrale Aufgabe aller Jugendverbände. Unsere Methode dazu ist die Pfadfinderei. Die Gemeinschaftsfähigkeit der in einem Gemeinwesen lebenden Menschen bildet die Grundlage sowohl für den Fortbestand als auch die Entwicklung einer Gesellschaft. Junge Menschen mit Migrations- und Fluchthintergund sind hier in einer besonderen Situation: Sie kommen in der Regel aus Ländern, in denen andere gesellschaftliche Regeln und Wertvorstellungen gelten, haben selten positive Erfahrungen im Sinne einer eigenständigen Teilhabe bzw. Partizipation gemacht und sind persönlich in einer äußerst schwierigen Situation: Neben den üblichen Unsicherheiten, die jeder junge Mensch in seiner Adoleszenz erlebt, sind junge Menschen auf der Flucht mit völlig neuen Lebensumständen konfrontiert, haben ihre Freundeskreise verloren und im Kontext der politischen und kriegerischen Auseinandersetzungen und der Flucht viele negative Erfahrungen gemacht.

Diese Erfahrungen können wir nicht rückgängig machen. Wir können Kindern und Jugendlichen jedoch helfen, sich in unserem Land zurechtzufinden, Freundschaften zu schließen und einen Beitrag für eine bessere Welt zu leisten. Wir können ihnen die Möglichkeit bieten, positive Erfahrungen zu sammeln, zu lernen, nach welchen Regeln wir in Deutschland zusammenleben und wie sie Teil dieser Gemeinschaft werden können. Dieser Herausforderung wollen wir uns mit unserem Selbstverständnis als Pfadfinder*innen stellen.

Im gesamten BdP haben Stämme, Gruppen und verschiedene Einzelpersonen begonnen, Menschen auf der Flucht zu unterstützen und bei uns willkommen zu heißen. Die Formen der Unterstützung sind dabei so vielfältig wie die Bedürfnisse der Geflüchteten. Wir begrüßen dieses Engagement ausdrücklich! Nun möchten wir als Verband die Rückendeckung dafür geben, dass diese guten Aktionen fortgeführt und weitere gestartet werden können. Dazu ist es auch wichtig, sich auf eine Gemeinschaft berufen zu können, die das eigene Handeln ideell und mit Aktionen und Ressourcen unterstützt.

8 „Gefällt mir“

Erst einmal finde ich den Antrag super! Vielen Dank fürs Stellen.
Trotzdem würde ich mir wünschen ihn noch etwas konkreter zu gestalten…
Wir haben das schon beim Niedersächsischen Antrag versucht, dann aber festgestellt das unsere Vorschläge eher für einen BV-Antrag geeignet sind.
So würde ich zum Beispiel es sehr stark finden eine Mitgliedschaft im BdP für geflüchtete Jugendliche kostenfrei zu machen! Das würde die Arbeit mit ihnen um einiges erleichtern und allen Stämmen bei denen geflüchtete Jugendliche bereits in Gruppenstunden dabei sind das Engagement deutlich erleichtern. Der DPSG ist da beispielsweise schon weiter als wir und hat eine solche Regelung schon…
Dies ist eine Anregung bei der ich mir sehr wünschen würde wenn sie in den Antrag aufgenommen werden kann!
Ich denke dass es aber noch viele weitere sinnvolle Erweiterungen gibt die die praktische Arbeit erleichtern können und Stämme dazu ermutigen mit Geflüchteten zu arbeiten!

1 „Gefällt mir“

Hallo Kay,
die DPSG hat das System, dass die Mitgliedsbeiträge für Geflüchtete von ihrer Stiftung gefördert werden. Also umsonst sind die Beiträge dann nicht. In der DPSG sind es wohl auch unter 50 (Stand März 2016), die durch dieses “Angebot” Mitglied in der DPSG sind.
Viele Grüße und Gut Pfad
Jacky

2 „Gefällt mir“

Danke für den Hinweis! So informiert bin ich da dann auch nicht… :wink:
Gibt es dann nicht vielleicht die Möglichkeit bei uns ein ähnliches System einzuführen?
Auch wenn “nur” 50 Personen sein sollten die das Betrifft halte ich es für angebracht!

1 „Gefällt mir“

Moin,
Danke Kay für deine Anmerkungen!
Wir haben bei der Formulierung des Antrags auch darüber diskutiert. Ich denke, wir haben es nicht nötig, uns irgendwelche “Hausaufgaben” durch den Antrag aufzugeben. Viel mehr möchte ich mit dem Antrag erreichen, dass wir uns alle einer Position versichern, die sich - wie in der Begründung formuliert - aus unseren Pfadfinderregeln ergibt.

Auf Grundlage dieser Position kann und soll nun jede Ebene des BdP selbst entscheiden, wie sie aktiv werden kann. Der Bund hat bspw. bereits einen AK und unterstützt damit die Aktivitäten auf Stammesebene. Einige Landesverbände sind in der einen oder anderen Art aktiv geworden. Auch viele Stämme engagieren sich. Dem nun ein “Korsett” aus Maßnahmen zu geben fände ich falsch. Vielmehr erinnern wir uns alle mittels des Beschlusses (so der denn gefasst wird ;)), wo wir stehen und das wir im Rahmen unserer Möglichkeiten aktiv werden wollen.

HGP
Flipper

2 „Gefällt mir“

Hi,

der BdP tat bisher gut daran sich nicht in die Tagespolitik einzumischen und die Frage der Flüchtlingspolitik wird ja nicht in erster Linie über die Ausgrenzung bestimmter Menschen geführt. Die wichtigste Frage des öffentlichen Diskurses ist eher: was geschieht mit dem Rechtsstaat, überfordern wir uns bei der Integration und hilft Merkels Politik nicht vor allem den Falschen/ Schleusern? Je konkreter ein Antrag wird desto eher ist das ein direktes politisches Statement.
Beispielsweise die Mitgliedsbeiträge für bestimmte Gruppen auszusetzen, für andere nicht ist das Gegenteil integrativer Politik, es wäre vor allem Beliebigkeit.Wir sollten eher Regelungen finden/ausbauen für sozialschwache Familien generell Hilfen bei den Mitgliedsbeiträgen zu finden, vollkommen egal welche Herkunft oder welcher Status. Das ist echte Gleichbehandlung.

Gut Pfad
Christoph

1 „Gefällt mir“

Es gibt Inhaltliche Überlappungen mit dem Antrag 6.8 “Demokratie Erhalten”. Ich glaube es könnte sinnvoll sein, wenn sich beide Antragstellergruppen austauschen und einen gemeinsamen Antrag stellten.

Hallo,
ich finde insgesamt gut, dass wir auf diese Weise Stellung beziehen!
Mit persönlich ist jedoch der Satz im Antrag:

etwas zu schwach…warum verurteilen wir nur Parolen und nicht rassistische Handlungen?

Ich finde es aber richtig, dass eine Stellungnahme keine weiteren Handlungsaufgaben mit einbezieht. Die Frage nach kostenlosen Beiträgen für Geflüchtete (und evtl. auch für finanziell schwach aufgestellte Familien) gehört meiner Meinung nach wenn in einen weiteren Antrag.

HGP,
Hanna

Moin,

in der Präambel unserer päd. Konzeption vom Mai 2000 steht ungefähr das was hier beschlossen werden soll, nur in anderen Worten:
Wir freuen uns, wenn weitere junge Menschen
und aktive Erwachsene bei uns mitmachen.
Dabei machen wir keinen Unterschied, welcher
Nationalität, Hautfarbe, Religion oder sozialer
Herkunft sie sind.

Sicher habe wir jetzt die Zeit, alles was schon geschrieben steht, nochmal zu verdeutlichen.

Somit finde auch ich diesen Antrag gut.

Denoch möchte meine Bedenken äußern. Es wir hier von “jungen Menschen mit Mirgationshintergrund” geschrieben. Junge männliche Menschen? Junge weibliche Menschen? Männliche und weibliche Menschen zusammen, die dann mit anderen männlichen und weibliche Menschen zusammen in einem Zelt schlafen und evtl. die gleichen sanitären Anlagen nutzen?

Hallo zusammen,
Ich finde denn Antrag eigentlich echt gut, dennoch sollten wir bei einem Positionsantrag auf die genaue Formulierung achten.

Das “Vor allem” finde ich zu einseitig. Der Duden beschreibt die Bedeutung der Wörter mit “Hauptsächlich” oder Besonders". Dies würde bedeuten, dass wir unsere Aktionen in erster Linie für junge Menschen mit Migrationshintergrund machen und (überspitzt gesagt) dann erst schauen ob wir auch Menschen ohne Migrationshintergrund mitnehmen.
Ich würde das “Vor allem” durch ein “Auch” ersetzen, da dies die Gleichbehandlung mehr betonen würde.

Danke und Gut Pfad,
Fabi

Moin,
danke für die ganzen Meinungen!

@Christoph: Also dieses „Die Pfadfinder sind nicht politisch“-Ding finde ich langsam etwas nervig. Natürlich sind wir politisch und können auch gar nichts anderes sein. Jeder Mensch und jede Gruppe von Menschen hat Interessen. Und wenn es darum geht, diese Interessen zu vertreten nennt man das Politik :wink: Dabei speilt es dann keine Rolle ob man dem ganzen ein Label wie „Tagespolitik“ gibt. Was soll das denn eigentlich sein? Tagespolitik? Und ist die Frage nach der Integration der Menschen die in den letzten Jahren zu uns gekommen sind nicht viel mehr „Jahrzehntepolitik“?
@Hanna: natürlich verurteilen wir (oder zumindest tue ich das, und hoffe die Bundesversammlung sieht das ähnlich) sowohl rassistische Parolen, als auch rassistische Handlungen. Der Kontext des Absatzes bezieht sich jedoch mehr auf die „Stimmung“, bzw. „Stimmungsmache“ in Deutschland. Das ist ja erst mal was verbales. Meinetwegen können wir aber die Handlungen aufnehmen - wenn sich das die Mehrheit der Bundesversammlung wünscht.
@Faeschy: Ja, es gibt Zeiten in denen Dinge die bereits 100 Mal gesagt wurden wiederholt werden müssen! Ein bisschen gehört das ja auch zum Wesen eines Jugendverbands, in dem das Rad durchaus auch fünf mal neu erfunden werden muss :wink: Bezüglich deines letzten Absatzes: Kann ich verstehen und will ich nicht verharmlosen. Es gibt sicherlich Herausforderungen bei der Integration der Menschen, die in den letzten Jahren zu uns gekommen wären. Aber ich finde, dem BdP könnte ein wenig inerkulturelle Öffnung nicht schaden und außerdem wollen wir Schwierigkeiten ja nicht aus dem Weg gehen, oder?
@PfadiFabi: Der Antrag beginnt ja mit den Worten: Beim BdP ist jeder Mensch willkommen. Somit sehe ich dein Argument nicht ganz…

Freue mich auf eine lebhafte Diskussion!
Flipper

1 „Gefällt mir“

Hallo zusammen, etwas spät vielleicht aber dennoch auch von mir ein paar Gedanken:

Beim Lesen des Antrages kam mir sofort derselbe Gedanke, den auch PfadiFabi schon formuliert hat: Ich halte das “vor allem” an dieser Stelle auch für falsch und würde hier lieber ein “auch” sehen. Ich gehe bei dem Gedanken, der hinter dem Antrag steckt, voll und ganz mit. Aber ich sehe keine Begründung, warum wir VOR ALLEM diese Gruppe von Menschen begrüßen sollten.

Ansonsten sehe ich es auch so, wie schon mehrfach genannt worden: Konkrete Handlungsanweisungen sollten wir uns mit einem solchen Antrag nicht geben. Dafür arbeiten wir auf den verschiedenen Ebenen einfach zu unterschiedlich. Ich denke, mit einem solchen Antrag sollten wir in erster Linie Position und Haltung unseres Vereins in diesen Fragen klar stellen. Die Ausgestaltung dessen sollten wir den einzelnen Akteueren überlassen. Insbesondere pauschale Regelungen für kostenlose Mitgliedschaften und ähnliches finde ich da nicht angebracht.

Liebe Grüße,

Tisch