Gerade habe ich Pattis Beitrag “Wie Pegida ist der BdP?” in den Neuen Briefen (01/15) gelesen - vielen Dank für diesen Artikel! Leider habe ich das Thema “Interkonfessionalität” dann hier noch nicht gefunden. Das Wörtchen “interkonfessionell” in unserer Satzung und unseren Veröffentlichungen hat mich auch schon länger gestört, weil es eben nicht die Offenheit unseres Bundes gegenüber allen Glaubens- und Nichtglaubensrichtungen zum Ausdruck bringt. Es ist eben doch ein Wort, dass sich nur auf die verschiedenen Auslegungen des Christentums bezieht.
In seinem Artikel schreibt Patti: “Meiner Meinung nach gehört §2, Absatz 3 der BdP-Satzung geändert und der Satz ‘Der Verein ist interkonfessionell.’ gestrichen.”
Grundsätzlich sehe ich das ähnlich. Ich finde wir sollten uns mal Gedanken dazu machen, dass “interkonfessionell” nicht das bedeutet, was wir meinen. Den Satz ganz streichen würde ich aber nicht, weil wir hier eigentlich etwas zum Ausdruck bringen wollen, das unseren Bund postiv auszeichnet - nämlich, dass wir offen für alle und nicht an einen bestimmten Glauben gebunden sind.
Ich habe daher mal zwei Fragen in die Runde:
Stellt schon jemand einen entsprechenden Antrag auf der BV?
Wer hat Vorschläge für ein Wort, das das “interkonfessionell” sinnvoll ersetzen könnte?
religionsunabhängig, glaubensübergreifend, spirituell ungebunden … sowas in die Richtung eben.
Dank an @olafwohlfeil für den Beitrag, ich muss zugeben, dass es mir beim lesen des Artikels in den NB ähnlich ging. Ebenso würde ich auch eine Streichung des entsprechenden Passus in unserer Satzung nicht gut finden, denn hier wird bzw. soll etwas ausgesagt werden, dass unseren Bund von anderen durchaus unterscheidet - es muss nur klarer formuliert werden, so dass das, was gemeint ist, auch klar verständlich ist.
Es könnte z.B. heißen “Der Verein steht allen Glaubensrichtungen offen”. Ganz passend wäre es dann auch noch nicht, denn damit wären wir zwar den Schritt weg vom rein christlichen Verein (interkoffessionell = egal welche Konfession, aber innerhalb einer Religion) und wären offen gegenüber Mitgliedern anderer Religionen - jetzt sind aber die an keinerlei Religion, göttliche Macht o.ä. Glaubenden noch nicht mit einbezogen.
Zur diesjährigen BV gibt es zu dieser Thematik keinen Antrag. Aber ich finde, da das Thema jetzt erst aufgekommen ist, sollten wir das auch zunächst in Ruhe angehen - ein entsprechender Satzungsänderungsantrag kann auch zur nächsten BV eingereicht werden.
ich begrüße diese Diskussion sehr. Meiner Ansicht nach ist der BdP in der Praxis offen für alle Glaubens- und Nichtglaubensrichtungen, verschreibt sich aber trotzdem besonders der spirituellen Entwicklung seiner Mitglieder, also der reflektierten Weiterentwicklung einer Persönlichkeit. Diese drückt sich z.B. durch die Methode der Wache sowie die Grundsätze unserer pädagogischen Konzeption aus.
Zusammenfassend könnte man sagen, der BdP ist nicht religiös, aber spirituell. So könnte ich mir persönlich auch eine Umformulierung der Satzung vorstellen.
Wir sind übrigens nicht die einzigen, die sich gerade Gedanken um das Thema “Gott bei den Pfadis” machen: auf Weltebene hat der Weltverband WOSM gerade eine Kommission eingesetzt, die das Verständnis von “Duty to God”, das immer noch als einer der drei Grundpfeiler der Pfadi-Idee angesehen wird, untersuchen soll.
Von WOSM-Seite müssen Verbände “Gott” offiziell in ihren Versprechen haben (wie das in der Praxis aussieht, ist eine andere Frage), was vielen spirituellen und gar säkularen Verbänden ein Dorn im Auge ist. Es gibt eine Gruppe hauptsächlich europäischer Verbände, die sich als Interessensgemeinschaft mit dieser Frage beschäftigen: Spiriteco. Die Definition, die dort verwendet wird, ist “nicht-konfessionelle Spiritualität”. Das als Blick über den Tellerrand.
Die Antragsfrist für diese BV ist gelaufen und für einen Dringlichkeitsantrag sehe ich keine Dringlichkeit gegeben. Es würde sich anbieten, das Thema in den kommenden zwölf Monaten zu bearbeiten, um es auf die nächste Bundesversammlung zu bringen. Zeitlich passend findet kurz nach der BV 2016 auch die WOSM-Europakonferenz statt, auf der der BdP seine Regelung vorstellen und einbringen könnte.
Gebe zu bedenken, dass der Begriff “interkonfessionel” einst gewählt wurde, um den Regeln von WOSM zu entsprechen. Zitat aus den Grundsätzen: “Duty to God - a person’s relationship with the spiritual values of life, the fundamental belief in a force above mankind.” (ungefähre Übersetzung: Aufgabe gegenüber Gott - Das Verhältnis einer Person zu den spirituellen Werten des Lebens, der grundsätzliche Glaube an eine höhere Kraft über allen Menschen.). Also wäre die vollständige Streichung des Begriffs problematisch für unser Verhältnis zum WOSM.
Abgesehen davon wird durch den Begriff niemand in seiner Weltanschauung, seiner Spiritualität oder seinem Glauben bevormundet oder eingeschränkt. Es geht ausschließlich um die Ausrichtung unserer erzieherischen Grundsätze und unserer internen Regeln. Ich denke, WOSM erwartet recht konkret von seinen Mitgliedsverbänden das Vermitteln spritueller Werte. Mit dem Begriff “interkonfessionel” sind wir dafür durchaus offen. Wir bewegen uns “zwischen” den Konfessionen (christliche Religionen) und sind damit offen für alles. Die Definition des Begriffs “Interkonfessionalität” durch die Konrad-Adenauer-Stiftung scheint mir subjektiv und aus dem Zusammenhang einer Diskussion über christliche Weltanschauungen gerissen zu sein und trifft für uns nicht zu. Auch impliziert der Begrif meiner Ansicht nach keine Haltung des “Unter-uns-Bleibens” - eher im Gegenteil.
Auf jeden Fall eine interessante Diskussion, die aber emotionslos geführt werden sollte.
In diesem Sinne Gut Pfad und bleibt wach!
Ich finde es definitiv wichtig, dass wir uns über dieses Verhältnis Gedanken machen, aber streichen ist für mich keine Lösung: Wir wollen ja durchaus unabhängig von allen Glaubensrichtungen existieren und ich finde das muss sich dann auch in der Satzung wiederspiegeln.
Da interkonfessionell das falsche Wort dafür ist, können wir uns über Alternativen Gedanken machen wie “Der Verein steht Menschen unabhängig ihrer Glaubensrichtung offen.”
Wichtiger als diesen Satz finde ich aber eine aktive Beschäftigung mit dem Thema - zum Beispiel eine Bestandsaufnahme, wie groß der Anteil der nicht-christlichen Menschen unter unseren Mitgliedern tatsächlich ist - gefolgt von einer Ursachenforschung, sofern einzelne Gruppen unterrepräsentiert sind.
vielen Dank für deinen Beitrag.
Ich stimme dir gerne zu, dass eine vollständige Streichung der spirituellen Begrifflichkeiten weder in unserem noch in WOSMs Sinne ist und dass sowohl der BdP als auch der Weltverband es sich zur Aufgabe machen, Spiritualität zu vermitteln.
Ich denke, damit der BdP sachlich konkret über dieses Thema sprechen kann, müssen wir für uns klären, was “Interkonfessionalität” (und andere Begriffe wie “Spiritualität”) tatsächlich bedeutet und wie es im Verhältnis zu unseren pädagogischen Prinzipien steht.
Wie du oben schreibst, ist eine Auslegung, dass der Begriff “die Ausrichtung unserer erzieherischen Grundsätze und unserer internen Regeln” prägt, aber niemanden in seiner/ihrer Weltanschauung bevormundet.
Eine andere Deutungsweise ist, dass Interkonfessionalität die Grundstruktur eines Bundes beschreibt, der sich auf die christliche Religion (egal welcher Konfession, wie der Wortlaut erklärt) stützt. In dieser Logik sind Gläubige anderer Religionen und besonders spirituelle Agnostiker oder Atheisten geduldet, aber nicht Zielgruppe. Und das ist nicht meine Erfahrung mit dem BdP. Wir bieten Pfadfinden für alle, die sich spirituell weiterentwickeln wollen, und orientieren unsere pädagogischen Grundsätze an Prinzipien der Demokratie und Menschlichkeit und nicht primär an einer Religion.
Wie Pfadfinden in der Praxis gelebt wird - dass religiöse Zugehörigkeit oder Nicht-Zugehörigkeit keinen Unterschied macht -, das sollte meiner Meinung nach auch in unseren Leitlinien widergespiegelt sein.
Grundlage meiner Argumentation ist, dass organisierte Religion und Spiritualität zwei eigenständige Konzepte sind, die aufeinander aufbauen können, aber es nicht zwingend tun müssen.
Bei aller Notwendigkeit Klarheit über die Begriffe zu schaffen, mit denen wir diskutieren: vielleicht sollten wir uns auch weniger auf die Semantik der Worte besinnen sondern auf das, was wir am Ende des Tages im BdP damit erreichen wollen?
Ich finde auch, dass der Begriff Interkonfessionalität nicht wirklich die Nicht-Gläubigen mit einschließt. Und ich würde fast eine Wette eingehen, dass über die Hälfte des BdPs aus solchen Leuten besteht. Spiritualität finde ich auch nicht so geglückt, erinnert mich irgendwie an Esoterik, aber vielleicht bin ich da in der Minderheit ;).
Hallo !
Aus meiner persöhnlichen Sicht gab es bei unseren Gründungsvätern vor dem Krieg den Wunsch unabhängig zu sein - auch unabhängig von den Kirchen oder einer anderen Konstitutionen.Hinzu kam daß BP zwar in thrust of God ausgab aber gleichzeitig das Pfadfindertum ohne Unterschied auf Rasse Klasse oder Konfession beschrieb.
Unser Vorgängerbund DPB dann der spätere BDP legte immer großen Wert darauf von den Amtskirchen unabhängig zu sein.Evangelium gehöhrte weder aufs Lager noch in das Probenbuch.
Hier wurde politische und religiöse Abstinenz vorgezogen,um sich auf das pfadfinderische Ideale zu konzentrieren.
Daraus wuchs der Stolz unabhängig und selbstbestimmend zu sein.
Erst im BdP gewann das christliche Gewand wieder eine neue Rolle und auf größeren Lager gab es dann auch ökumenische Lagergottesdienste.
Soviel zur meiner Sicht der Geschichte (wobei es noooch viel mehr zu erzählen gäbe)
Für unseren Bund würde ich mir wünschen alle Religionsgruppen sowie auch Atheisten zu akzeptieren,aufzunehmen - falls sie unseren pfadfinderischen Grundsätzen zustimmen.
Wenn die christliche Lehre so wichtig für unsere Arbeit ist - warum gibt es Pfadfinder auch in anderen Religionsgemeinschaften ?
second class scout ?
Wenn ich an die Natur als Schöpfung glaube - ohne einen “Gott” haben zu wollen - bin ich dann draußen ?
Grenzt das Wort Interkonfessionell alle anderen die nicht an den christlichen Glauben glauben aus ?
Deswegen noch mal mein Wunsch : Für unseren Bund würde ich mir wünschen alle Religionsgruppen sowie auch Atheisten zu akzeptieren,aufzunehmen - falls sie unseren pfadfinderischen Grundsätzen zustimmen.
Ich wage zu behaupten, das sich der Begriff “interkonfessionell” in theoretischer Deutung und gelebter Praxis in unserem Bund seit den Vorkriegsbünden und dem BDP und den BDPinnen stark verändert hat. Die früher stark vorhandene gesellschaftliche Trennung von katholischen und protestantischen Jugendlichen sollte überwunden werden. In Kombination mit dem baden-powellschen Ansatz, das jeder Pfadfinder seiner Religion und seinem Gott verpflichtet sei, ist die ursprüngliche Definition einer religiös geprägten Interkonfessionalität entstanden.
Das ist aber so nicht mehr gelebte Praxis und eigentlich auch an der Realität stark vorbeigeschossen. Unser Stamm wurde vor 30 Jahren von einem ehemaligen katholischen DPSGer und einem “desertierten” CPDer gegründet. Gemeinsamer Motor war die Ablehnung religiöser Beeinflussung von Kindern und Jugendlichen. Mangels einer exacten Definition seitens des BdP, haben wir eine eigene Aussage formuliert, die uns in den vergangenen drei Jahrzehnten zur erprobten Praxis geworden ist. Hier in stark verkürzter Version.
"Religion… und deren Vermittlung spielt in unserer inhaltlichen und praktischen Arbeit keine Rolle. Wir sind als interkonfessioneller Pfadfinderbund nicht an der Ausübung religiöser Handlungen beteiligt und betreiben keinerlei theologische Grundlagenvermittlung. Dadurch können wir Kindern und Jugendlichen aller Religionen und auch Kindern aus religionsfreien Familien ein “Zuhause” anbieten.
Trotzdem wollen wir Werte vermitteln, die unserer Vorstellung eines toleranten, sozialen und engagierten Zusammenlebens entsprechen."
Es ist immer wieder bedauerlich zu sehen, wie Personen und auch Institutionen ins wanken geraten und schließlich havarieren, weil sie sich in der Pflicht sehen, sich linguistisch derart zu verwässern. Das Anstreben der absoluten politischen Richtigkeit nimmt inzwischen soviel Raum ein, dass wir kaum noch Gelegenheit finden unseren besonderen Merkmale zu LEBEN.
Im Grunde geht es mir einfach nur darum, dass wir uns unter Umständen gar nicht so sehr damit beschäftigen sollten, wie etwas theoretisch aufgefasst und welche Auswirkungen es haben könnte sondern es eben praktisch werden lassen.
Wir können diesen Begriff nun natürlich hin und her drehen. Am Ende wird da immer das Selbe stehen. Ebenso wird es immer Gruppierungen geben, die Gelegenheit haben sich ausgeschlossen zu fühlen, wenn wir unserer Satzung nicht deutlich mehr Volumen schenken mögen
Ich denke eine Offenheit gegenüber unterschiedlichen Weltanschauungen signalisiert man auch dann, wenn man nicht explizit einläd, indem in der Satzung etwaiges in Schriftform enthalten ist.
Offenheit LEBEN!
Toleranz LEBEN!
Respekt LEBEN!
…
All dies bei Betrachtung einer Gruppe wahrzunehmen, wäre für mich deutlich einladender als dies irgendwo zu lesen.
natürlich ist es wichtig Offenheit, Toleranz und Respekt in den Gruppen unseres Bundes zu leben und nach außen zu tragen.
Es ist aber dennoch nicht verkehrt sich damit auseinander zu setzen, was wir uns als Bund auf die Fahnen schreiben. In dieser Diskussion geht es ja nicht nur darum, was irgendwo in der Satzung steht, sondern auch darum wie der BdP sich in seinen Publikationen präsentiert … z.B. auf Plakaten, Flyern, der Homepage oder in Filmbeiträgen. Diese Medien erreichen viele Menschen - unter anderem auch einige, die nicht die Chance dazu haben, so etwas selbst in der Gruppe zu erfahren.
Ich habe auch nicht den Eindruck, dass die Diskussionen auf Bundesebene sich negativ auf die Aktivität der Gruppen im BdP auswirken.
Das Problem (daß es evtll. gar nicht gibt) ist,daß der Ausdruck Interkonfessionell anscheinend neu interpretiert wird. Ich glaube in unseren Gruppen wird in der Menge Respekt,Toleranz und Offenheit gelebt.
Soll heißen : wenn es nicht hinterfragt worden wäre - hätte sich auch keiner darüber Gedanken gemacht,daß der BdP evtll. Religionsgruppen oder Atheisten ausgrenzt.
Da jetzt diese Diskussion aufgekommen ist muß unser Bund auch Formulierungen finden um unseren Weg zu beschreiben - und die Intolleranzen zu dementieren.
HGP Holzwurm - Petterweil
Nach der BV ist vor der BV: ich möchte gerne an diesem Thema in den nächsten Monaten weiterarbeiten und würde mich freuen, das mit euch und noch vielen anderen zu tun. Die Mitreden-Plattform wird allerdings demnächst geschlossen bis zur BV 2016, deswegen darf sich diese Diskussion nun andere Kanäle suchen.
Falls ihr Lust habt, an dem Thema “Interkonfessionalität” weiterzuarbeiten, dann meldet euch gerne bei mir unter christine(punkt)pollithy(at)pfadfinden(punkt)de, und ich nehme euch in den Verteiler auf!
Weil Mitreden sich direkt um mögliche Anträge zur Bundesversammlung kümmern soll, wie Arne auf der BV erklärt hat, aber keine ganzjährige Diskussionsplattform darstellt. Dafür kann u.a. pfa.de genutzt werden.