Die Bundesversammlung möge beschließen:
Die Ergebnisse der durch das Institut für Praxisforschung und Projektberatung erstellten Studie zum Umgang mit sexualisierter Gewalt in der Vergangenheit des BdP die im Februar 2024 veröffentlicht wurde haben uns auf eindrückliche und erschütternde Art und Weise vor Augen geführt, dass der BdP als Ganzes in der Vergangenheit nicht in der Lage war, seine Mitglieder vor sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch zu schützen.
Es ist erschreckend wie viel Leid Menschen im BdP ertragen mussten. Vor wie vielen Taten die Augen verschlossen worden sind und wie viele Täter im Verband bleiben konnten, obwohl Betroffene und Eltern ihr Bestes gaben, um Taten aufzudecken.
Wir waren nicht solidarisch mit Betroffenen. Sie wurden teilweise gegen ihren Willen aus Gruppen entfernt, es wurde ihnen nicht geglaubt. Betroffene im BdP wurden verleumdet und bedroht. Sexualisierte Gewalt wurde bewusst vertuscht und Betroffene und denen die sich äußerten mit dem Ausschluss gedroht.
Obwohl bekannt war, dass der BdP sich im Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch nur mangelhaft um das Wohlergehen seiner Mitglieder kümmerte, wurde nicht darüber gesprochen und nichts daran geändert.
Sexualisierte Gewalt wurde nicht als strukturelles Problem in unserem Verband anerkannt und stattdessen ein Klima der Angst begünstigt in dem Betroffenen nicht geglaubt wurde.
Die Ergebnisse der vom Institut für Präventionsforschung und Projektberatung (IPP) durchgeführten Studie zur Aufarbeitung sexueller Gewalt innerhalb unseres Verbandes verpflichten uns, weiterhin den Blick in unsere Vergangenheit zu richten und gemeinsam verantwortungsvoll an der Aufarbeitung in unserem Verband zu arbeiten.
Wir positionieren uns klar gegen Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt und sind fest entschlossen aus unseren Fehlern für die Zukunft zu lernen. Um das zu erreichen, verpflichten wir uns als BdP zu den folgenden Punkten:
Anerkennung der Verantwortung
Wir übernehmen die Verantwortung für das Leid, dass durch Mitglieder und Verantwortungsträger*innen unseres Verbandes verursacht wurde.
Über Generationen hinweg wurde das vermeintliche Wohl des Verbandes über das Wohl und die Gesundheit von Kindern, Jugendlichen und unseren erwachsenen Mitgliedern gestellt.
Wir entschuldigen uns aufrichtig bei allen Betroffenen für das erlittene Unrecht und die langanhaltenden Folgen, die diese Erfahrungen mit sich gebracht haben.
Genauso entschuldigen wir uns für die Ignoranz und unprofessionelle Bearbeitung von Fällen, die Vertuschung und Verleumdung von Betroffenen in der Vergangenheit und auch für die nicht ausreichende Berücksichtigung der Bedürfnisse von Betroffenen zu Beginn der Aufarbeitungsbemühungen.
Unterstützung der Betroffenen
Wir wollen allen Betroffenen von sexualisierter Gewalt in unserem Verband ein offenes Ohr anbieten. Wir wollen eure Geschichten hören und ihnen Glauben schenken.
Wir wollen alle Möglichkeiten der Unterstützung die uns als Verband zur Verfügung stehen bereitstellen, wo es gewünscht ist.
Die Beteiligung von Betroffenen soll für uns in der Zukunft an allen Stellen in der Arbeit in der Prävention und Intervention bei Fällen sexualisierter Gewalt mitgedacht werden.
Prävention sexualisierter Gewalt
Für uns steht der Schutz unserer Mitglieder, deren körperliche und geistige Unversehrtheit im Vordergrund.
Wir positionieren uns klar gegen Machtmissbrauch und grenzverletzendes Verhalten wie es in der Vergangenheit im BdP existierte.
Die Ergebnisse der Studie nehmen wir deswegen zum Anlass unsere Präventionsarbeit auf den Prüfstand zu stellen und wo immer nötig zu verbessern.
Um das zu erreichen, überarbeiten wir unser Schutzkonzept und betrachten vor allem folgende Bestandteile:
- die Implementierung eines verpflichtenden Verhaltenskodex für alle Mitglieder,
- regelmäßige Schulungen zum Thema Prävention sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch als Teil der Ausbildung auf allen Ebenen und für Gruppenleitungen, Vorstände und Teams von Veranstaltungen,
- Die Einführung eines Interventionsplans für den ganzen BdP, sowie eines transparenten Meldesystems und klar definierten Beschwerdewegen.
Strukturelle Veränderung
Um eine Kultur der Offenheit, Sicherheit und Respekts zu fördern sind strukturelle Änderungen nötig.
Wir werden die Aufgabenverteilung in den Bereichen Prävention und Intervention bei Fällen sexualisierter Gewalt klar definieren und wo nötig ändern.
Es muss Transparenz darüber herrschen, wie Fälle behandelt werden und wer in unserem Verband die Verantwortung dafür trägt. Vertuschen und Verleumdung haben bei uns keinen Platz. Wir wollen auch ohne vorgehaltene Hand über sexualisierte Gewalt und Machtmissbrauch in unserem Verband sprechen.
Wir werden daran arbeiten regelmäßig auch mit externen Stellen zusammenzuarbeiten, um unsere Präventions- und Schutzmaßnahmen zu überprüfen.
Wir wollen die Förderung von Diversität und Inklusion in unserem Verband fördern.
Aufarbeitung & Transparenz
Die Aufarbeitung ist mit Veröffentlichung der Studie des IPP nicht beendet.
Wir verpflichten uns auch in Zukunft kontinuierlich und transparent die Vergangenheit aufzuarbeiten. Stämmen und Landesverbänden soll es möglich sein, sich auch individuell mit der eigenen Vergangenheit auseinander zu setzen. Dabei wird der Verband unterstützen.
Wir werden regelmäßig über den Fortschritt der Umsetzung aller hier genannten Maßnahmen berichten. Alle Teile unseres Aufarbeitungsprozesses sollen transparent und öffentlich zur Verfügung gestellt werden.
Wir werden weiterhin Workshops und Veranstaltungen organisieren, die das Bewusstsein und Verständnis für die Thematik fördern.
Engagement für die Zukunft
Im Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder soll eine Kultur der Sicherheit, des Respekts und der Fürsorge die Grundpfeiler unseres Handelns bilden. Die Unversehrtheit unserer Mitglieder steht für uns an erster Stelle. In der Klärung von Fällen sexualisierter Gewalt ist die Betroffenengerechtigkeit für uns handlungsleitend.
Wir werden aktiv daran arbeiten, Vertrauen wieder aufzubauen und sicherzustellen, dass unser Verband ein sicherer Ort für alle Kinder und Jugendlichen ist.
Wir wollen aus der Vergangenheit lernen und setzen uns entschlossen für eine bessere, sicherere Zukunft ein.
Wir sind uns bewusst, dass Worte allein nicht ausreichen, und verpflichten uns daher zu konkreten, nachhaltigen Taten.
Antragsteller*innen
Der Bundesvorstand (Annika Schulz (Punzel), Alexander Schmidt, Kay Mlasowsky, Dustin Schmidt)
Begründung
Im Jahr 2016 hat die Bundesversammlung des Bundes der Pfadfinderinnen und Pfadfinder beschlossen sexualisierte Gewalt innerhalb des Verbands aufzuarbeiten. Im Februar 2024 wurde dazu eine wissenschaftliche Studie, angefertigt durch das Institut für Praxisforschung und Projektberatung, vorgestellt.
Die Ergebnisse dieser Studie stellen auf erschreckende Art und Weise dar, dass der BdP in der Vergangenheit nicht in der Lage war seine Mitglieder vor sexualisierter Gewalt zu schützen.
Auch wenn wir als Verband in den letzten Jahren bereits viel an unseren Präventionsstrukturen und Abläufen im Fallmanagement gearbeitet haben und die Betroffenengerechtigkeit mittlerweile fester Bestandteil unserer Arbeit ist, dürfen wir uns nicht damit zufriedengeben, was wir schon geschafft haben.
Die Ergebnisse der Studie bieten viel Potential für Verbesserungen und zeigen uns auf an welchen Stellen wir weiterhin an uns arbeiten müssen. Der Antrag hält diese Arbeitsfelder transparent fest.
Die Schuld an den Versäumnissen von damals tragen keine Einzelpersonen, viel mehr muss der gesamte Verband anerkennen, welche Strukturen und Vorgehensweisen das möglich gemacht haben und daran arbeiten genau diese nachhaltig zu verändern um unseren Verband zu einem sicheren Raum für Kinder, Jugendliche und alle unsere Mitglieder zu machen. In dem die körperliche und geistige Unversehrtheit aller an erster Stelle steht.
Mit der vorliegenden Resolution bekennt sich der BdP als Ganzes, durch sein höchstens beschlussfassendes Organ dazu, in der Vergangenheit Auslöser von viel Leid und langanhaltenden Folgen für die Betroffenen zu sein. Er nimmt die Ergebnisse der Studie ernst und beginnt sie in Veränderungen für den BdP zu überführen.